Hallo
Heute stelle ich euch ein Feldmerkmal vor, welches nicht allein bei einem Wert der 1. Offenburger Ausgabe (BuS I) auftritt, sondern gleich bei zwei Werten.
Zum besseren Verständnis der Thematik werde ich zu Beginn nochmals einige Details zum Herstellungsprozess der Briefmarkenausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar erläutern, damit ihr versteht, in welcher Form die Briefmarken 1947 an die saarländischen Postschalter gelangten.
Sämtliche Werte der 1. Offenburger Ausgabe mit Ausnahme von 84 Pfennig und 1 Reichsmark – diese Werte wurden als Druckbogen zu 100 Marken hergestellt – wurden als Druckbogen zu 200 Marken gedruckt. Im Verlauf der Weiterverarbeitung wurden diese Druckbogen dann in einen (linken) A-Bogen und einen (rechten) B-Bogen zerschnitten. Nachfolgend ist ein A-Bogen des 50 Pfennig-Wertes abgebildet.
Jeder dieser Bogen – diese werden auch als Schalterbogen bezeichnet, da die Marken so an die Postschalter gelangten – umfasst jeweils 100 Marken, arrangiert in 10 senkrechte Reihen und 10 waagerechte Zeilen. Jedes Bogenfeld und damit jede einzelne Briefmarke erhält durch die philatelistische Zählung eine x/y-Koordinate, die Feldnummer. Dazu wird bei aufrecht sehendem Markenbild die Zählung bei der obersten linken Marke mit Feldnummer ‹1› begonnen, dann zählt man von links nach rechts bis man bei der obersten rechten Marke ‹10› erreicht. Bei der nächsten Reihe geht es mit ‹11› bis ‹20› weiter. Die Marke links unten befindet sich auf Feld ‹100›. Zur Unterscheidung, ob eine Briefmarke aus einem A- resp. B-Bogen stammt, fügen wir den entsprechenden Buchstaben hinzu. Beispiel: die erste Marke der untersten Reihe des abgebildeten Bogens hat die Feldnummer 91A.
So, da ihr nun wisst, was eine Feldnummer ist, sind wir bereit für die wiederkehrenden Feldmerkmale.
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Definition wiederkehrende Feldmerkmale
Von wiederkehrenden Feldmerkmalen sprechen wir, sobald dasselbe Feldmerkmal bei zwei verschiedenen Werten – in der Regel mit demselben Bildmotiv – vorkommt. Diese Feldmerkmale müssen dabei nicht zwingend auf dem gleichen Bogenfeld auftreten.
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Schauen wir uns so ein wiederkehrendes Feldmerkmal einmal an. Ich habe hierzu als Beispiel das Feldmerkmal mit dem treffenden Spitznamen Kleiderbügel ausgewählt. Dieses erscheint bei den Werten zu 25 und 45 Pfennig mit dem Bildmotiv Bäuerinnen bei der Rübenernte vor einer Industrielandschaft. Beim 25 Pfennig-Wert auf den Bogenfeldern 46AB und beim 45 Pfennig-Wert auf den Bogenfeldern 66AB.
Nachfolgend jeweils eine normale Marke (links) und eine Marke mit dem auffälligen Feldmerkmal (rechts), welches mit einem schwarzen Pfeil gekennzeichnet ist.
Es scheint wirklich so, als hätte die kniende Bäuerin einen Kleiderbügel in der Hand.
Es drängen sich uns nun einige Fragen auf:
- Wie kam es zu diesem Feldmerkmal?
- Warum tritt es bei zwei unterschiedlichen Werten, wenn auch mit demselben Bildmotiv auf?
- Findet sich das Feldmerkmal auch bei anderen Werten mit demselben Bildmotiv, also den Werten zu 30, 40 und 50 Pfennig?
Die Feldmerkmale der 1. Offenburger Ausgabe können ganz unterschiedliche Ursachen haben.
- Abweichungen bei den Negativen der verwendeten Aufnahmen (selten)
- Abweichungen in der Diapositivphase (primäre Feldmerkmale)
- Abweichungen beim Übertrag des Pigmentpapiers auf den Formzylinder
- Abweichungen beim Ätzvorgang des Formzylinders (z.B. unzureichend oder zu viel aufgebrachter Asphaltlack)
- Abweichungen beim Druckvorgang (z.B. Staub, Dreck, Beschädigung des Formzylinders oder des Rakelmessers)
Tritt ein Feldmerkmal sowohl auf dem linken A-Bogen, wie auch auf dem rechten B-Bogen auf dem gleichen Bogenfeld auf, können wir eine Beschädigung des Formzylinders der Rotations-Rastertiefdruckmaschine Palatia O, eine Abweichung beim Ätzvorgang und eine Abweichung beim Übertrag des Pigmentpapiers ausschliessen. Exakt dieselbe Abweichung bei zwei Werten an jeweils zwei Bogenfeldern (A- und B-Bogen beim 25- und 45 Pfennig-Wert) wären einige Zufälle zu viel.
Was ist dann die Ursache der wiederkehrenden Feldmerkmale? Der Ursprung des Kleiderbügels liegt in der Herstellung der Druckvorlage beim verwendeten Rastertiefdruck. Etwas, was heute Druckvorstufe genannt wird. Der Reihe nach.
Die Übertragung ist nur möglich, wenn das Feldmerkmal bei der Retusche der Negative und auch später in der Druckvorstufe übersehen wurde.
Die Wertänderung bei gleichbleibenden Bildmotiven erfolgte bei den Werten der Ausgaben Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar durch den Ersatz der einen Wertziffer (z.B. 30) auf den Diapositiven durch eine andere (z.B. 50). Dies wird Diapositivmontage genannt. Der bestehende Diapositivbogen eines Wertes wurde inkl. des Feldmerkmals ‹Kleiderbügel› in die einzelnen Diapositivstreifen zerlegt und eine neue Wertziffer eingefügt. Danach wurden die Diapositivstreifen auf einer Montagescheibe wieder zu einem kompletten Diapositivbogen à 100 Marken – inkl. des ‹Kleiderbügels› – zusammengesetzt. In unserem Fall war es der Diapositivbogen des 45 Pfennig-Werts, der zerschnitten wurde, da dessen Druck zeitlich vor dem 25 Pfennig-Wert stattfand (vgl. Steckbriefe am Schluss dieses Beitrags). Der Diapositivbogen mit der neuen Wertziffer und dem Feldmerkmal ‹Kleiderbügel› wurde daraufhin zweimal auf Pigmentpapier – die hieraus entstehende Vorlage für die Druckbögen besteht ja aus 2x 100 Feldern – übertragen, weshalb dasselbe Feldmerkmal später ebenfalls auf beiden Schalterbögen erscheint.
Warum erscheint dieses Feldmerkmal nicht auf den anderen Werten mit dem gleichen Bildmotiv? Die Werte zu 30, 40 sowie 50 Pfennig wurden nach dem 25 Pfennig-Wert gedruckt. Ich gehe davon aus, dass das Feldmerkmal inzwischen bemerkt worden war. Immerhin war der 45 Pfennig-Wert, der für die passende Frankierung der beliebten Postkarten ins Ausland benötigt wurde, beim Druck der drei Werte zu 30, 40 und 50 Pfennig schon seit über einer Woche an den saarländischen Postschaltern erhältlich. Für die Druckerei stellte das Feldmerkmal, über welches wir uns heute freuen, eine ungewollte Abweichung vom gewünschten Ergebnis dar. Es wurde retuschiert, resp. bei der Diapositivmontage entfernt.
Hier geht es direkt zum zweiten Beitrag über wiederkehrende Feldmerkmale der Originalausgabe Berufe und Sehenswürdigkeiten an der Saar.
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Steckbrief des 25 Pfennig-Werts
- Wert: 25 Pfennig
- Motiv: Zwei Bäuerinnen bei der Rübenernte vor einer Industrielandschaft
- Farbe: violettrot
- Papier: dickes, gelblichgraues Papier; rau und häufig mit unter der Lupe erkennbaren Stofffäden
- Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum
- Wasserzeichen: ohne
- Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
- Bekannte Druckdaten: 8. und 10. Februar 1947, der 9. Februar war ein Sonntag
- Erstausgabedatum: 7. März 1947
- Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
- Auflage: 1’020’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit bis auf wenige Exemplare alle am Schalter verkauft wurden
- Vorgestelltes Feldmerkmal: Feld 46AB, ‹Kleiderbügel›
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Steckbrief des 45 Pfennig-Werts
- Wert: 45 Pfennig
- Motiv: Zwei Bäuerinnen bei der Rübenernte vor einer Industrielandschaft
- Farbe: rot
- Papier: dünnes, grauweisses Wasserzeichenpapier
- Gummierung: gräulichbraunes Gummi arabicum, quer geriffelt*
- Wasserzeichen: steigende Wellenlinien S
- Zähnung: K14 (= 14 Zahnlöcher auf 2 Zentimeter bei Kammzähnung)
- Bekannte Druckdaten: 13. Januar 1947
- Erstausgabedatum: 4. Februar 1947
- Gültigkeit: 19. November 1947 (während der Woche vom 20.-27. November waren noch Mischfrankaturen zugelassen; Quelle: Saarhandbuch)
- Auflage: 1’100’000 Stück, von denen innerhalb der Gültigkeit etwa 1’095’000 Stück am Schalter verkauft wurden
- Vorgestelltes Feldmerkmal: Feld 66AB, ‹Kleiderbügel›
* Die Marke rollt sich beim Anhauchen quer zur Bildachse
Bis bald
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